Mit Auszügen aus dem Interview von Katja Scherer mit Michael Frieß, erschienen im t3n Magazin für digital pioneers // Heft 71, 2. Quartal 2023. „Noise-Canceling-Culture: Digital besser kommunizieren.“
Hybrides Arbeiten und digitale Kommunikation gehören heute zum Standard in der Arbeitswelt. Die Abgrenzung zwischen Arbeit und Privatleben wird in einem Umfeld, in dem wir gefühlt immer erreichbar sind, zunehmend schwieriger.
Viele Unternehmen tun sich schwer, ihre Mitarbeitenden im „New Work“-Prozess mitzunehmen und wirken überfordert. Sie nutzen zwar umfangreich die Werkzeuge wie Chat, Video-Call, E-Mails etc. auf der Schauseite – eine echte, nachhaltig verankerte Kommunikationskultur sowie Zusammenhalt und Begeisterung bleiben aber meist aus.
Die Folge? Einsamkeit und Isolation trotz Informationsflut bei den Betroffenen. So leidet nicht nur der oder die Einzelne, auch Teamgefühl und Produktivität werden in Mitleidenschaft gezogen (s. Interview Heike Bruch, t3n Magazin, Heft 71, S. 24/25). Wie können wir es in einer hybriden Arbeits- und Kommunikationswelt also besser machen?
Zunächst, das zeigt die Erfahrung, benötigen Teams klare Rahmenbedingungen, Strukturen, Spielregeln und die Zugewandtheit ihrer Führungskräfte und Teammitglieder. Jedem sollte bewusst sein, dass es im digitalen Raum viel schwieriger ist, die Gefühle und Emotionen der Kolleg:innen wahrzunehmen und entsprechend zu agieren. In (Online)-Meetings greife ich daher gerne auf sog. Check-Ins zurück, kurze Fragestellungen, die sich auf das Wohlbefinden und die Stimmung der Teilnehmer bezieht – meist in spielerischer Form, z.B. ob das Gefühls- „Wetter“ der Teilnehmer eher heiter, wolkig oder regnerisch ist.
Grundsätzlich gilt, und auch das ist eine Erfahrung, die ich im Rahmen meiner Führungstätigkeit gemacht habe: manche Gespräche eignen sich nicht für ein Online-Meeting. Persönliche Gespräche mit sensiblen Inhalten, Teambuildingmaßnahmen oder Eskalationen werden besser vor Ort in einer angemessenen Umgebung geführt. So bleibt niemand mit seinen Emotionen nach dem Meeting allein am heimischen Schreibtisch zurück.
Es gibt Ausnahmen, in denen das gemeinsam vor Ort sein nicht funktioniert. Hier kommt dann der gesprochenen Sprache eine noch größere Bedeutung zu. Können wir uns in Präsenz neben der Sprache auch auf Gestik, Mimik und die Umgebung beziehen, ist dies in Online-Meetings nur schwer möglich. Hier müssen Stimmungen, Gefühle und Gedanken explizierter angesprochen werden. Es gilt: für eine gelungene Kommunikation sind sowohl der Sender als auch der Empfänger einer Botschaft zu 100% verantwortlich. Die Aufgabe des Senders liegt darin, klar und verständlich die Botschaft zu übermittelt. Die Verantwortung des Empfängers im aktiven Nachfragen bei Unklarheiten.
Positive Worte, Erklärungen und Ich-Botschaften sind im bei der digitale Kommunikation. noch wichtiger als in der analogen Kommunikation (s. Thomas Wehrs, t3n Magazin, Heft 71, S. 26).
In den letzten Jahren meines Berufslebens habe ich überwiegend digital mit meinen Kolleg:innen kommuniziert. Dabei ist mir immer wieder aufgefallen, wie wichtig eine wertschätzende und freundliche Kommunikation im Team ist. Dies ist nicht nur der Schlüssel für eine gute interne Zusammenarbeit, sondern auch für gutes Projektmanagement beim Kunden. Offen, ehrlich und freundlich zu kommunizieren sollte daher aus meiner Sicht im Firmenkodex verankert sein – und auch gelebt, vorgelebt und eingefordert werden dürfen.
Ich selbst lerne auch regelmäßig dazu. Wo ich früher schon mal den Status von Projekten per Chat abgefragt habe (und damit meine Kolleg:innnen verunsichert habe), greife ich heute zum Hörer oder lade zu einer kurzen Video-Konferenz. Ich erkläre dann, warum ich welche Information benötige und was ich damit tue (manchmal um einfach zu wissen, wer gerade an was arbeitet).
Insgesamt achte ich gerade im digitalen Raum auf eine positive Sprache. Da wird aus einem „in Ordnung“ ein „Sehr gut. Danke!“ oder anstatt eines „alles klar“ ein „Gerne, so machen wir das“. Neutral formulierte Nachrichten werden im Digitalen schnell als unfreundlich empfunden. Eine Spur ehrlich gemeinte Extra-Freundlichkeit kann daher in der digitalen Kommunikation nicht schaden.