„Alles Obstkorb, oder was?! – Wie Mitarbeiterbindung wirklich geht…“. Was hat das mit Projekten zu tun? Ganz klar: auch im Bereich des Projektmanagement kämpfen wir um die besten Köpfe. Was können wir aus den Erfahrungen anderer Branchen lernen? Ein Fallbeispiel aus der Tourismusbranche.
Die Ausgangslage
Auch wenn der sprichwörtliche Apfel pro Tag den Arzt fernhält, dürfte der Obstkorb als Kernelement der Mitarbeiterbindung ausgedient haben.
Das Spektrum der eingesetzten Mittel zur Mitarbeiterbindung ist groß. Der eine hält nach wie vor am altbewährten Obstkorb und dem Kasten Mineralwasser fest. Andere Arbeitgeber haben erkannt, dass es inzwischen mehr braucht, um fähige Mitarbeiter davon abzuhalten, sich anderswo den Wunsch nach mehr Wertschätzung, Entwicklungsmöglichkeiten oder Work-Life-Balance zu erfüllen.
Natürlich ist nichts dagegen einzuwenden, eine gesunde Ernährung zu unterstützen. Aber es reicht nicht (mehr): die Bedürfnisse haben sich verändert, die Möglichkeiten und auch die Erwartungen. Es ist nicht zuletzt auch eine Frage der Generationen. Was vor 20 Jahren noch üblich war, ist für Millennials und Generation Z nahezu undenkbar.
Fallbeispiel Tourismus
Ein deutliches Beispiel ist die Tourismus-Industrie. In der Vergangenheit notorisch schlecht bezahlt und doch ein Traum von Vielen, der durch die Pandemie zum Albtraum wurde. Entweder, weil die Kurzarbeit in die betriebsbedingte Kündigung geführt hat, oder weil man tagtäglich das Unmögliche möglich machen sollte (gestrichene Flüge, geschlossene Hotels, stündlich wechselnde Einreisebestimmungen…). Die Überstunden waren vertraglich vorgeschrieben, ein Ausgleich nicht vorgesehen und aus Arbeitgebersicht finanziell nicht tragbar. Die Kunden gereizt, das Team gestresst, die Internetverbindung im spontan eingerichteten Homeoffice nicht ausreichend.
Jetzt, nach der Pandemie, nimmt der Tourismus in Europa wieder Fahrt auf. Er bietet großes Potential für ausgebildete Touristiker aber auch Projektmanager aus anderen Wirtschaftszweigen. Die Fachkräfte fehlen an allen Ecken und Enden. Sie haben aus unterschiedlichsten Gründen während der Pandemie in andere Sektoren oder in die Selbständigkeit gewechselt. Bewerbungen auf die Stellenausschreibungen, die nach wie vor eine schlechte Bezahlung, stressige Arbeitsbedingungen und geringe Wertschätzung erwarten lassen, bleiben aus. Da überzeugt auch die vergünstigte Hotelübernachtung für Touristiker nicht.
Hätten die Arbeitgeber der Branche schon früher auf bessere Arbeitsbedingungen gesetzt, wäre die Resonanz der erfahrenen Touristiker jetzt nicht so verhalten, von der jüngeren Generation mal ganz abgesehen. Nach Angabe der Forschungsgruppe Tourism Economics wurde schon für dieses Jahr erwartet, dass die Besucherzahlen in Europa auf das Level vor der Pandemie steigen könnten. Gleichzeitig gibt es 1.2 Millionen offene Stellen zu füllen, viele davon im europäischen Ausland! Eine Herausforderung für die deutsche Tourismus-Industrie, ihre Fachkräfte im Land zu halten. Gleichzeitig eine Gelegenheit für Arbeitnehmer, sich die Rosinen aus dem internationalen Arbeitsmarkts-Kuchen zu picken.
Mitarbeiterbindung 2.0
Welche Faktoren sind also ausschlaggebend? Aus welchen Gründen arbeiten Millennials und Gen Z für eine Firma oder auch nicht?
Laut der Deloitte Global 2022 Gen Z & Millennial Umfrage ist die Möglichkeit der Hybrid- oder Remote-Arbeit mit 75% & 76% die bevorzugte Arbeitsform.
Weit oben auf der Prioritätenliste bei der Wahl des Arbeitgebers stehen außerdem:
- Work-Life Balance (32% & 39%)
- Möglichkeiten der Weiterbildung (29%)
- ein überdurchschnittliches Gehalt (24% & 27%)
- eine positive Unternehmenskultur (23%)
- die Gelegenheit der persönlichen Weiterentwicklung (23% & 24%)
- das Gefühl etwas Sinnvolles zu tun (21 & 26%)
Der Arbeitsmarkt hat sich gewandelt und das sollte auch die Denke der Arbeitgeber tun. Ein zeitgemäßes, gut durchdachtes, kommuniziertes und gelebtes Employer Branding zeichnet sich durch spannende Angebote in den oben aufgeführten Bereichen aus. Home-Office Tage als Selbstverständlichkeit, Coaching, Fortbildungsangebote und wertschätzende Entlohnung für geleistete Arbeit sind hier inzwischen der neue Status Quo, an dem sich viele messen lassen müssen. Eine emotionale Verbindung mit den Werten des Arbeitgebers ist deutlich mehr als ein “nice to have” und kreative Arbeitszeitmodelle oder Workations sind gern gesehene Benefits. Wer seinen Mitarbeitern Freiräume gibt, sie befähigt und fördert, hat im Wettbewerb um die Fachkräfte in Zukunft mit Sicherheit die Nase vorn.